Sanierungsplan für alle 100 Bäche und Siepen

Aus der katastrophalen Flut Mitte Juli 2021 sind bei der Stadtverwaltung viele Lehren gezogen worden. Eine davon ist, dass der Unterhalt der Bäche und Siepen professionalisiert werden muss. Bauhof-Chef Robert Groppe etabliert deshalb ab dem 15. April eine eigene Kolonne mit zwei festen Mitarbeitern und später auch einem eigenen Fahrzeug.
Altena – Der Trupp soll – von der Idee ähnlich wie die bestehende Asphaltkolonne – sich um nichts anderes kümmern, als die Einläufe und Durchlässe aller Nebengewässer im Auge zu behalten. Für Groppe hat das den Vorteil, nicht immer Mitarbeiter aus anderen Aufgaben abziehen zu müssen und die Verfügbarkeit von Fahrzeugen zu disponieren.
Die beiden Mitarbeiter sind durch interne Ausschreibungen gewonnen worden, die Lücken, die die beiden beim Baubetriebshof hinterlassen, sollen durch neue Leute aufgefüllt werden. Auf der Homepage der Stadt Altena finden sich die Stellenausschreibungen. Die beiden festen Mitarbeiter sollen den Basistrupp darstellen und bei Bedarf durch weitere Mitarbeiter verstärkt werden.

Die Mittel für das neue Fahrzeug sind im Wirtschaftsplan verankert. Sobald der Haushalt von der Bezirksregierung genehmigt ist, kann ausgeschrieben werden. Groppe möchte ein Allrad-Fahrzeug mit Kran, Pritsche und vielleicht einer Winde. Die Ausschreibung läuft über den Märkischen Kreis. Doch auch das wird dauern: Bis das neue Auto in der Brachtenbeck ankommt, wird es Ende 2025 sein, vielleicht sogar erst Anfang 2026.
Im Gebiet der Stadt Altena gibt es etwa 100 solcher Geschiebefänge. Geschiebe besteht aus Geröll, Laub, Ästen und Sediment. Das Material wird von den Hängen heruntergespült und sammelt sich vor Einläufen und Durchlässen. Sind die Einläufe voll und verstopft, sucht sich das Wasser mitsamt des Gerölls unkontrolliert seinen Weg ins Tal. Was deshalb im Juli 2021 geschah, braucht man nicht näher beschreiben. Tausende Tonnen von Schlamm und Geröll verstopften alle Ableitungen, das Wasser der Nebenflüsse drängte durch die Täler in Richtung Lenne – Nette und Rahmede liefen mit verheerenden Folgen voll.

Das enorme Nachrutschen von Sediment und Steinen habe sich mehr als eineinhalb Jahre nach der Flut wieder auf ein normales Maß eingestellt. Während vor der Flut zehn der 100 Geschiebefänge besonders beräumt werden mussten, waren es nach der Flut bis zu 40. Jetzt habe sich die Lage weitgehend normalisiert.
An nahezu allen dieser 100 Fänge an Siepen und Bächen muss aber gebaut werden. Sehr viele Fänge haben eine rote Kennung bekommen: Vollständig zerstört. Viele sind gelb, erfüllen also noch so gerade eben ihren Zweck, es gibt auch welche in grün, die einigermaßen in Ordnung sind.

Im ersten Schritt sind viele der völlig zerstörten Fänge provisorisch repariert worden. Jetzt fehlen noch die, die schwer zugänglich sind. Zwischenzeitlich gab es die Idee, einen Altenaer Standard-Geschiebefang zu entwickeln, um spätere Erneuerungen zu vereinfachen. „Es gibt viel zu viel Fels in Altena“, nennt Groppe den Grund, warum es individuelle Bauwerke geben muss. Im Wiederaufbauplan sind alle 100 Bauwerke aufgelistet, nahezu alle müssen demnach teils oder ganz erneuert werden. Das kann der Bauhof, der für Unterhalt und Reparaturen zuständig ist, nicht leisten. Die Erneuerung werde an Fremdunternehmen vergeben. Immer mit im Boot: die Wasserschutzbehörden. Beton darf im Wald nur als Ausnahme verbaut werden, weil sich dort unerwünschte Stoffe ins Wasser auslösen. Stahl ist gut, Eichenbalken auch.

Diese Aufgaben sollen laut Papier bis 2028 erledigt sein. Schon jetzt ist klar, dass das nicht gelingen kann. Es wird noch sehr viel länger dauern. Groppe formuliert es diplomatisch: „Wir versuchen, die noch bestehende Infrastruktur zu schützen, damit wir sie mit dem Wiederaufbauplan zukunftssicher voll ausbauen können.“ Die durchgeplante Sanierung der Geschiebefänge sei elementar, um die Schäden beim nächsten Extremhochwasser gering halten zu können. Die Auffangvorrichtungen für Schutt seien das schwächste Glied in der Kette. „Wenn ich das nicht ernst nehme, ziehe ich das Problem unter die Erde,“ so Groppe.
Groppe will den Gewässerunterhalt auch aus einem anderen Grund professionalisieren: „Das Wissen um die Geschiebefänge ist in den Köpfen der Mitarbeiter, wir wollen es sichern und digitalisieren.“ Das müsse geschehen, bevor die Mitarbeiter mit ihrem Erfahrungswissen nach und nach in Rente gingen.