„Im Anschluss werden wir den zweiten Faulturm und die alte Belebungsstufe zurückbauen“, schildert Feckler die weiteren Pläne. Während der Einfahrphase läuft beides noch auf Standby. Die alte Belebungsstufe, in der bislang ein Teil der biologischen Reinigung stattgefunden hat, und auch der Faulturm werden für das Nereda-Verfahren nicht mehr benötigt.
Denn die biologische Reinigung findet künftig in den drei neuen Reaktoren statt. Sie haben jeweils mehr als 1700 Kubikmetern Fassungsvermögen. Der Klärschlamm setzt sich von selbst am Boden des Beckens ab. Er wird vor Ort maschinell eingedickt, sodass er 50 mal weniger Wasser enthält, und dann zur Faulung auf die benachbarte Kläranlage in Iserlohn-Letmathe transportiert.
Entwickelt wurde das Nereda-Verfahren an der Universität Delft, seit etwa einem Jahrzehnt hat es sich in den Niederlanden und in anderen Ländern bereits in der Praxis bewährt. Zentrales Thema in Kläranlagen ist der Klärschlamm. Dieser besteht aus Mikroorganismen, die das Abwasser von organischen Verunreinigungen befreien. Der Klärschlamm für das aus den Niederlanden stammende Nereda-Verfahren hat eine andere Struktur, bildet keine Flocken aus, sondern stattdessen kleine Kugeln, sogenannte Granulen. Diese sind dahingehend optimiert, dass sie sich schnell auf dem Boden des Klärbeckens absetzen – nämlich innerhalb von etwa 15 Minuten. Das Nachklärbecken, in dem sonst die Flocken aus dem Abwasser gefiltert werden, wird dadurch nicht mehr benötigt. Alle biologischen Reinigungsprozesse können in einem sogenannten Reaktor stattfinden. Der Betriebsaufwand und der Flächenbedarf sind „deutlich niedriger als beim konventionellen Belebungsverfahren“, erläutert Harro Feckler. Der Ruhrverband rechnet zudem mit einer Energieeinsparung von 30 Prozent sowie mit einem um etwa 75 Prozent reduzierten Bedarf an Fällmitteln für die chemische „Phosphatfällung“. Die Phosphate werden dabei entfernt, weil sie in Gewässern als Düngemittel wirken und eine unerwünschte Anreicherung mit Nährstoffen bedeuten. Auch die Ablaufwerte – also die Qualität des abgegebenen Wassers –, werden sich in der neuen Anlage voraussichtlich deutlich verbessern.
Aus dem Methangas, das bei der Faulung entsteht, wird dort mithilfe von Blockheizkraftwerken (BHKW) elektrische Energie gewonnen. „Wir produzieren in Letmathe bislang mindestens 50 Prozent der Energie, die wir benötigen, selbst“, erklärt Feckler. Künftig werden es durch den zusätzlichen Schlamm bis zu 80 Prozent sein. Analog dazu hat die Kläranlage in Altena keinen Eigenstrom mehr zur Verfügung, verbraucht dafür aber nach dem Umbau rund ein Drittel weniger Energie.
Für die neuen Nereda-Becken wurde viel Beton eingesetzt. Weil man bei der Errichtung der Becken wegen des Grundwasserspiegels der nahe gelegenen Lenne nicht in die Tiefe bauen kann, mussten die Becken etwa acht Meter in die Höhe wachsen. Die notwendigen Versorgungsgebäude sind weitestgehend fertiggestellt. Unter anderem sind noch Arbeiten an der Luftversorgungsstation notwendig.
Schon gebaut wurde dagegen die Leitung vom ehemaligen Vorklärbecken zu den Nereda-Reaktoren. Das alte Vorklärbecken dient künftig als Speicherbecken und wurde von innen neu ausgekleidet. Darin sammelt der Ruhrverband das Abwasser, das durch die neue Rechenanlage an dieser Stelle bereits vorgereinigt ist, und führt es den neuen Reaktoren gleichmäßig zu.
Der Umbau sei eine Herausforderung gewesen, „wie eine OP am offenen Herzen“, betont Feckler. Die Reinigung des Abwassers musste trotz aller Arbeiten weiterlaufen. Einiges gibt es auch jetzt noch zu tun für den Ruhrverband. Neben technischen Restarbeiten wird auch das Nachklärbecken zum Speicherbecken umgebaut, damit das Wasser gleichmäßig in die Lenne eingeleitet werden kann.