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Wer zahlt Flutschäden bei Firmen? Noch immer keine abschließende Entscheidung

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Von: Michael Koll

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Die Flutkatastrophe im Juli 2021 hinterließ – hier bei einem Betrieb in der Nette – enorme Schäden. Bis heute ist nicht geklärt, wie deren Beseitigung mit öffentlichen Mitteln finanziert werden kann.
Die Flutkatastrophe im Juli 2021 hinterließ – hier bei einem Betrieb in der Nette – enorme Schäden. Bis heute ist nicht geklärt, wie deren Beseitigung mit öffentlichen Mitteln finanziert werden kann. © FROHN

„Seit 2021 ist noch niemand bei mir gewesen“, klagt ein Unternehmer im Saal der Burg Holtzbrinck, „der mir sagt, was ich eigentlich jetzt tun soll.“ Ein anderer entgegnete: „Ja, das wüssten wir alle gerne.“ Die Stadtverwaltung und die Firma C&E-Consulting hatten zu einem Informationsaustausch geladen, um sich über die Finanzierung der Beseitigung der Hochwasserschäden zu unterhalten. Wieder wurden die Gewerbetreibenden enttäuscht, die definitive Angaben erwartet hatten.

Altena – Nach wie vor fehle „die letzte Unterschrift“, teilte Bürgermeister Uwe Kober (CDU) mit. Dabei gehe es nicht im wortwörtlichen Sinne um einen Namenszug auf einem Stück Papier, sondern vielmehr um die Klärung rechtlicher Fragen – und somit um die Entscheidung, wer die Zeche für dieses oder jenes bezahlen müsse.

Konkret gehe es um die Abgrenzung von Maßnahmen, für die eine wasserwirtschaftliche Notwendigkeit bestehe, und solche, die einem wasserwirtschaftlichen Zweck dienten. Letztere seien also wünschenswert, aber eben nicht zwingend notwendig.

Stadtoberhaupt Kober bat die gut 25 Anwesenden um Geduld. Er rief aus: „Ich will am Ende nicht derjenige sein, der heute eine Entscheidung fällt, die in Jahren dazu führt, dass von einem meiner Nachfolger dann 30 Millionen Euro zurückgefordert werden, weil es dann plötzlich heißt: ‘Ihr habt zwar schnell gehandelt, doch das hättet Ihr gar nicht gedurft.’“ Die Summe, die der Bürgermeister so in den Raum stellte, war sinnbildlich zu verstehen.

Der Erste Bürger Altenas beschwichtigte die erhitzten Gemüter: „Ich bin kein Tiefbauer und hatte in meinem Leben noch nie mit solch einem Hochwasser zu tun. Ich bin also genauso wenig Expert wie Sie alle.“ Er beschwor den Zusammenhalt: „Wir können das hier nur gemeinsam hinkriegen.“

Um Wiederaufbauförderung zu bekommen, müssen die heimischen Unternehmer sogenannte Projektdatenblätter erwirken. Dazu müssen sie – nach derzeitigem Stand – bis 30. Juni des Jahres einen Antrag stellen. Dies ist nur möglich, wenn sie zuvor ein Gutachten über die Schadenshöhe haben erstellen lassen. Das wiederum kann ein Sachverständiger oft nur erstellen, wenn zuvor Schutt, Geröll und Bäume geräumt worden sind.

Stadt muss Gewässer beräumen

Die Zeit drängt also. Bis zum Fristablauf sind es nur noch zweieinhalb Monate. Für die Beräumung des Gewässers, das ist nun eindeutig geklärt, ist die Stadt zuständig. Diese beginnt mit der Ausschreibung des Auftrags. Konkret tätig werden sollen Bagger und Co. allerdings erst im Juli oder August.

Derzeit sind also lediglich elf Projektdatenblätter bewilligt. Sieben weitere sind beantragt. Und noch einmal 59 Anträge befinden sich in Vorbereitung. Viele Anwesende in der Burg Holtzbrinck am Donnerstagabend sind aber zwei Jahre nach der Katastrophe noch nicht einmal soweit.

Altenaer Unternehmerinnen und Unternehmer erfuhren in der Burg Holtzbrinck, dass es ímmer noch keine rechtlich abgeklärten Regelungen gibt, nach denen Hochwasserschäden bezahlt werden können.
Altenaer Unternehmerinnen und Unternehmer erfuhren in der Burg Holtzbrinck, dass es ímmer noch keine rechtlich abgeklärten Regelungen gibt, nach denen Hochwasserschäden bezahlt werden können. © Koll

Bürgermeister Kober erläuterte: „Es soll eine ganzheitliche Lösung geben.“ Betrachtet werden sollen demnach alle Wasserläufe im Stadtgebiet: Nette, Rahmede, sowie Brachtenbecke, Grennigloher, Linscheider und Hegenscheider Bach. Die Besonderheit in der Burgstadt ist, dass 20 Kilometer dieser Wasserläufe verrohrt oder überbaut sind. Diese müssen in ihrer Gesamtheit erst einmal in Augenschein genommen werden. Und Olaf Schwarz, Diplom-Ingenieur der C&E-Consulting weiß, „dass das in der Regeln drei bis fünf Jahre dauern wird“. Und er schiebt hinterher: „Von daher muss die Antragsfrist dringend verlängert werden.“

Die Hoffnung aller Beteiligten ruhe derzeit auf dem 11. Mai. An diesem Datum kämen alle Beteiligten in großer Runde in Dortmund zu einem Gespräch zusammen: Kommunen, Märkischer Kreis, Untere Wasserschutzbehörde und das Land Nordrhein-Westfalen. Sowohl C&E-Experte Schwarz als auch Stadtoberhaupt Kober bekräftigten: „Wir gehen an dem Tag nicht aus dem Raum, ohne etwas Konkretes in der Hand zu haben.“

Bürgermeister Kober blickte derweil schon einmal in die weitere Zukunft: „Wir werden nun auch einen Wasserunterhaltungsplan aufstellen, um künftig zu gewährleisten, dass die Bäche bei künftigen Hochwassern ankommendem Wasser möglichst viel Fläche bieten.“

Diplom-Ingenieur Schwarz teilte derweil mit, „dass wir ab Ende Mai oder Anfang Juni alle Abwasserkanäle – immerhin 140 Kilometer – befahren werden, um sie auf Schäden zu untersuchen“.

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