„Mit solch einer Resonanz nicht gerechnet“: Andacht in der Fahrzeughalle

Viele Gläubige versammelten sich jetzt bei Busunternehmer Bösert. Das steckt hinter der Idee.
Altena – „Ich will nicht sagen, dass die alle aggressiver sind, aber...“, ließ Busunternehmer Volker Bösert einen unausgesprochenen Gedanken im Raum stehen. Der Raum war seine Fahrzeughalle. Im Schatten dreier Busse saßen Menschen auf Klapp-, Garten- und Campingstühlen. Der Gesprächspartner des Firmeninhabers war der evangelische Pfarrer Uwe Krause. Dieser hätte den Evingser Unternehmer gerade nach anderen Verkehrsteilnehmern gefragt.
In den drei Jahren vor der Covid19-Pandemie hatte der Geistliche Krause Passionsandachten in vorösterlicher Zeit an ungewöhnlichen Orten in Evingsen und Dahle etabliert. Nun ließ er diese Veranstaltungsform wieder aufleben. „Es ist ja nicht so, dass wir dort etwas anderes machen als in der Kirche“, erläuterte er. „Aber manchmal macht es bereits einen Unterschied, wo man etwas sagt“, betonte er. Doch darüber hinaus benutzt Krause eine alltagstaugliche Sprache, die gar keine Hemmschwellen aufkommen lässt. Er unterstrich: „Passion heißt ja, mit Leidenschaft unterwegs zu sein.“
Und so kamen die Gläubigen gerne und in großer Zahl. „Mit solch einer Resonanz habe ich nicht gerechnet“, sagte Pastor Krause, der in pfarramtlicher Verbindung die Gemeinden Evingsen und Dahle betreut. 25 Teilnehmer habe er bei der ersten Passionsandacht nach Corona vielleicht erwartet. Erschienen waren gut doppelt soviele.
Das Thema des Abends lautete „Durchstarten“. Was das für ihn bedeute, erklärte Bösert folgendermaßen: „Es heißt, dass ich den Auftrag eines Kunden erfülle. Und manchmal bedeutet es auch, eine Schulklasse glücklich zu machen, die einmal aus Altena herauskommen möchte.“ Gerade letzteres, entgegnete Krause, sei allerdings in Zeiten kaputter Autobahnbrücken schon eine Kunst.

Bösert ging weiter auf die anderen Verkehrsteilnehmer ein: „Seitdem die Corona-Zeit beendet ist, hat irgendwie keiner von denen mehr Zeit“, umschrieb der Busunternehmer Drängeln und Bedrängen, welches auf den Straßen öfter wahrzunehmen sei.
Als nächstes sang die protestantische Gemeinde ein Lied. Bei diesem Gottesdienst in der Fahrzeughalle steuerte der CVJM-Posaunenchor Dahle die Musik bei. Am Keyboard spielte Dankwart von Zadow. Pfarrer Krause griff dabei selbst zur Trompete: „Ich spiele, seitdem ich 16 Jahre alt bin“, verriet der 57-Jährige.
Dann trat er wieder ans Kreuz und lenkte die Gedanken in die Ukraine. Dort würden Busse derzeit eingesetzt, um Soldaten an die Front zu bringen. Krause sagte: „Wir spüren momentan, was Krieg bedeutet und wie schnell er über uns kommen kann.“
Er rief aus: „Herr, vergib uns, wie achtlos wir den Frieden für selbstverständlich genommen haben.“ Er gestand: „Wir sind nicht entschieden genug für die Freiheit eingetreten.“ Gemeinsam mit den Gottesdienst-Besuchern betete er dafür, dass die Solidarität gegenüber den Kriegsflüchtlingen nicht abreißen und die Hoffnung nicht enden möge.
Krause predigte: „Die Erinnerung an die beiden Weltkriege verblasst. Und ich frage mich, ob das alles nichts genutzt hat, ob die Menschen nichts aus diesen zwei Kriegen gelernt haben.“ Die Bösen dieser Welt schafften sich ihre persönlichen Narrative, um sich ein ruhiges Gewissen zu verschaffen.

Genau dies kenne jeder von sich selbst auch im Kleinen, wenn man Schadenfreude genieße. „Doch auch dann ist bereits der Pfad des Friedens verlassen“, mahnte Pastor Krause – räumte jedoch ein, auch selbst gelegentlich schadenfroh sein zu können.
Zum Abschluss der 50-minütigen Passionsandacht rief Uwe Krause noch zu einer Kollekte auf, die an christliche Gemeinden in der Nähe von Aleppo in Syrien gehe, wo die Menschen derzeit an den Folgen eines Erdbebens litten.
Fortsetzung
Der nächste Passionsgottesdienst findet am Mittwoch, 1. März, ab 19.30 Uhr in der Bäckerei Timmermann an der Hauptstraße 28 statt. Dann lautet das Thema „Die neue Brotkreation“.