Landwirte und Jäger besorgt
Der Wolf verliert die Scheu vor den Menschen
Der Wolf ist im Nordkreis angekommen. In Langenholthausen riss er vier Schafe. Einige Jäger aus dem Hegering Neuenrade berichten von Sichtungen auf Wildkameras. Von dort aus ist es nicht weit in die Wälder des Hegerings Altena-Nachrodt-Wiblingwerde.
Altena/Nachrodt-Wiblingwerde – „Bisher wurde mir noch nicht von einer Sichtung berichtet. Und wir haben ja an wirklich vielen Stellen Wildkameras“, sagt der Hegeringsvorsitzende Harald Laus. Der Jäger weiß, dass die Grenze nach Altena/Nachrodt-Wiblingwerde für ein ausgewachsenes Tier nur ein Katzensprung ist. Bis zu 60 Kilometer sind in einer Nacht gar kein Problem.
Wolf | |
Wissenschaftlicher Name | Canis lupus |
Lebenserwartung | 6 bis 8 Jahre (in der Wildnis) |
Bei den Jägern löst der Wolf keine Begeisterungsströme aus. „Ich habe überhaupt nichts gegen den Wolf. Aber in so dicht besiedelten Regionen wie NRW* ist er einfach falsch“, erklärt Laus. Er wisse natürlich, dass viele Menschen sich über die Sichtungen freuen. Artenvielfalt sei schließlich etwas Gutes. Doch in diesem Fall gelte es, auch die Probleme zu sehen. „Im Bayerischen Wald, in den Alpen oder in einigen Regionen im Osten mag das gut funktionieren. Da gibt es riesige Wälder und genug Wild“, erklärt Laus. Hier sei das aber nicht der Fall. „Das Problem ist, dass der Wolf ein Kulturfolger ist, das heißt, er verliert nach und nach die Scheu vor dem Menschen“, erläutert Laus.
Wolf im Märkischen Kreis: Sie kommen bis in die Gärten
Das sei beispielsweise deutlich erkennbar bei Videos, in denen Wölfe neben Autos herlaufen oder gar in Vorgärten gesichtet wurden. „Eigentlich ist der Wolf scheu. Aber wird er vielleicht sogar gefüttert, verliert er schnell seine Angst“, verdeutlicht der Jäger die Gefahr. Dann nähere sich das Tier auch immer mehr Wohngebieten an. Die Folge: gerissene Schafe, Ponys und andere tote Tiere – wie in Balve. Laus: „Da hilft es einem Tierbesitzer auch nicht, dass man eine finanzielle Entschädigung bekommt, wenn man nachweisen kann, dass das Tier durch einen Wolf getötet wurde. Das macht das liebe Pony auch nicht mehr lebendig.“
Effektive Schutzmaßnahmen seien kaum umzusetzen. Hohe Zäune oder Herdenschutzhunde würden aktuell von Wolfsexperten empfohlen. „Herdenschutzhunde sind nicht ohne. Auf einem Reiterhof wie zum Beispiel in Wiblingwerde mit Pferden und Alpakas ist das absolut undenkbar. Und sind wir mal ehrlich: Für die meisten auch kaum zu finanzieren, gerade für Hobbytierhalter“, sagt Laus.
Herdenschutzhunde auf Reiterhöfen undenkbar
Die Ansicht, dass der Wolf wie vor hunderten Jahren hierher gehört, teilt Laus nicht. „Damals sah es hier auch ganz anders aus. Es war nicht dicht besiedelt und es gab viel größere Flächen. Da war das kein Problem. Den Wolf und die Bedingungen von damals mit heute zu vergleichen, ist wie Äpfel mit Birnen zu vergleichen.“ Ist der Wolf einmal da, sei es schwer, ihn zu verdrängen.
Wie sollen wir unsere Tiere schützen?
Landwirt Carsten Gessler ist selbst Jäger und derzeit noch entspannt: „Die Gefahr nimmt vielleicht zu, aber bisher habe ich keine Angst.“ Er mache sich eher Sorgen ums Wild als um seine Kühe. Er geht davon aus, dass ein Wolf eher ein Reh jagt als ein ausgewachsenes Rind. „Bisher habe ich mich aber noch nicht näher mit den Verhaltensweisen und Vorlieben auseinandergesetzt.“ Geraldine Hegemann-Malkus, die auf ihrem Hof Pferde und Alpakas hält, sieht die aktuelle Entwicklung mit Sorge: „Ich glaube, dass die Wälder hier einfach nicht so groß sind, dass der Wolf dort leben kann. Früher oder später wird er sich den Menschen nähern. Und wie sollen wir dann unsere Tiere schützen, denen wir eigentlich so viel Freiheit und artgerechte Weidehaltung wie möglich gewähren möchten?“
Im Januar hat das Lanuv (Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz) einen Wolf im Nordkreis des MK nachgewiesen: Das Tier hatte im November auf einer Weide in Balve vier Schafe gerissen.