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Uraufführung von Thomas Köcks „und wenn ich von der zeit spreche...“ an den Städtischen Bühnen Münsters

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Von: Achim Lettmann

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Prozession der Singularities in der Inszenierung „und wenn ich von der zeit spreche spreche ich von der zeit die schon nicht mehr ist (am rande des rollfelds) im Theater Münster.
Prozession der Singularities in der Inszenierung „und wenn ich von der zeit spreche spreche ich von der zeit die schon nicht mehr ist (am rande des rollfelds) im Theater Münster. © Pipprich

Wie bringt man Menschen dazu, den Klimawandel ernst zu nehmen? Am Theater Münster dient ein multimediales Oratorium von Thomas Köck dazu, das Publikum zu bekehren.

Münster – Es geht uns alle an. Deshalb wird die Uraufführüng von Thomas Köcks multimedialem Oratorium im Drei-Sparten-Haus in Münster zu einer Kooperation von Tanz, Schauspiel, Oper und Sinfonieorchester. Wie kann der Klimawandel gestoppt werden, ist Köcks Anliegen, das er nachdenklich, spöttisch und poetisch fasst. Der Titel „und wenn ich von der zeit spreche spreche ich von der zeit die schon nicht mehr ist (am rande des rollfelds)“ stimmt darauf ein, ebenso wie die Schülerinnen und Schüler des Gymnasium Paulinum, die in Jacketts und Kleidchen für ein Projekt der Generationen stehen.

Köcks Idee ist ein Chor, der aus einer dystopischen Zukunft anreist, um zu warnen. Die Erde ist gefährlich geworden. Nur welches Ereignis, fragt sich der Chor, hat dazu geführt? Allzu dramatisch muss Regisseurin Mareike Mikat die Suche nicht gestalten. Jeder weiß ja, dass der Mensch die Erde verbraucht. Der Chor aber muss noch lernen. Politiker sagen „eins nach dem anderen“, Wissenschaftler dringen nicht durch. Die „Mittelschicht“ müsse ihr Leben lang Schulden abtragen, meint eine Frau. Säcke werden geschleppt. Schwarze Ballone steigen auf. Dosierte Stimmungsbilder entstehen.

Wer glaubt, dass Wachstum endlos ist? Der Gedankenfehler des Kapitalismus wird verspottet. Das Tanzensemble agiert dazu geschäftig. Mit Hebefiguren wird demonstriert, was aus der Balance kommen kann – das Leben selbst. „Ihr habt nicht viel Zeit“, ruft der sechsköpfige Chor. Auf dem dreigeschossigen Hausgerüst (Thea Hoffmann-Axthelm) sitzen kostümierte Menschen, die vom Schein des eigenen Seins erfüllt sind. Die Bühne ist ein Rollfeld, von dem Raketen aufsteigen, um irgendwann die Reichen ins All zu schießen. Wer kommt mit?

Zwei Moderatoren sind von RTL-Vorbildern aus dem „Dschungelcamp“ inspiriert. Ihr überdrehtes Spiel zur beschworenen Misere ist aufgesetzt und soll nerven.

Der Chor aber will gehört werden. Also wird das Internet bemüht. Im Vollformat flimmert ein Monitorbild über die Bühne, das belegt, wie aus Choristen Individualisten geworden sind – verpeilte Typen. Uns wird der Spiegel vorhalten.

Letztlich strahlt in Münster ein warmherziges Bildertheater, das appelliert, nun den Systemwandel zu starten. Das ist gut gemeint, mit Pop-, Rap-, Rock-Musik vorgetragen und von den sphärischen Klängen Eniks und einem zurückgenommenen Orchester begleitet. Ein netter Abend.

10.,19.2.; 15., 18.3.;

Tel. 0251/ 59 09 100; www. theater-muenster.de

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