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„Rausch“ am Theater Münster bietet ein inklusives Spiel mit glücklich machenden Erfahrungen

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Von: Achim Lettmann

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Entrée-Situation im Kleinen Haus.
Das Ensemble der Theaterproduktion „Rausch“ an den Städtischen Bühnen Münster. Entrée-Situation im Kleinen Haus. © SINJE HASHEIDER

Eine unspektakuläre und doch wirkungsvolle Erfahrung bietet das Theater Münster. „Rausch“ vom Jungen Theater lässt Erfahrungen mit Musik, Farben und Berührungen im inklusiven Bühnenraum zu.

Münster – Ein roter Vorhang, drei Türen und glitzernde Flatterbänder bilden das Entrée für einen ungewöhnlichen und inspirierenden Abend im Kleinen Haus der Städtischen Bühnen Münster. „Rausch“ heißt eine Produktion des Jungen Theaters, die das Publikum freundlich auffordert, mitzumachen statt sitzenzubleiben. Wer sich einlässt und den aufmerksamen Rausch-Expertinnen folgt, wird das Theater heiter und gut gelaunt verlassen. Es geht nicht um Extreme. Drogen braucht hier niemand. Serotonin und Dopamin, die Botenstoffe des Glücks, werden dennoch aktiviert.

Schon mit legalen Mitteln kann man sich herausfordern, ein paar Schritte zu gehen, die einen für Situationen im Leben sensibel machen und an Grenzen führen, die gar nicht weit vom Alltäglichen liegen. Dabei helfen Anna (Musik), Samira (Berührungen), Soraya (Körpererlebnisse), Amelie (Sound) und Corinna (Farbperspektiven) mit Hilda. Hilda ist der Hilfehund für Corinna, die zu Hyperfixation neigt. Wenn sich die Autistin einer Sache annimmt, droht sie alles zu vergessen. Essen, Trinken und die ganze Welt. Dann wird Hilda aktiv und holt Corinna zurück.

Die Uraufführung von „Rausch“ bietet eine interaktive Spielform für ein 40-köpfiges Publikum, das das Theater als Inklusionsraum erfährt. Regisseurin Christina Schelhas schafft mit ihrem Team eine Wohlfühlatmosphäre: Vieles kann, aber nichts muss. Mit Kopfhörern geht es langsam in den verdunkelten Tanzbereich. Unter Discokugeln wird elektronische Musik (Sounddesign: Jacob Lorenz) spürbar. Über Mikro lassen sich Rhythmen und Töne einsprechen. Wer will, bitteschön. Und wenn das Angebot erfolgt, sich wie ein Regenbogen aufzustellen, wird man gewahr, wie eintönig die meisten gekleidet sind: dunkelblau bis schwarz. An einem runden Tisch wird mit Metal-Markern auf farbigen Folien gezeichnet. Strich oder Schraffuren, Figuren oder Tiere, expressiv oder impulsiv, die Ergebnisse ergeben auf dem hinterleuchteten Karussell eine herrlich bunte Bilderreihe. Corinna erklärte umsichtig die Malprobe. Hund Hilda ist ganz ruhig. Für einige war es ein Déjà-vu nach Jahrzehnten ohne Zeichenstifte.

„Rausch“ will ein Labor für Erfahrungen sein. Die Sitzkissen auf Flauschteppich (Bühne Emilia Schmucker) machen für Berühungen sensibel. Aufgabenkarten werden gezogen, man lernt einander kennen, berührt sich an den Händen – vielleicht. Es ist reizvoll. Es ist anders.

27.3.; 8., 15., 19.4.; 16.5.;

Tel. 0251/59 09 100; www. theater-muenster.com

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