Pöngse veröffentlicht neues Album

Werdohl - Jetzt hat er sich aber beeilt, der Werdohler Kultwirt Jürgen „Pöngse“ Krutzsch. Lagen zwischen der Debüt-LP seines Einmann-Projektes Cinema „Isolation“ und der CD „The Magix box“ vom August 2012 noch stolze 27 Jahre, schenkt er jetzt seinen Fans bereits das neue Werk „Loopings“.
Ein bedrohliches Grollen rumpelt aus den Boxen der Hi-Fi-Anlage. Geräusche wie aus einem Dschungel kommen dazu. So wird das Programm auf dem jüngsten Tonträger von Pöngse eröffnet. Doch schon bald kommt eine – für Cinema – erstaunlich präsente Gitarre ins Spiel. Der Beat vermittelt Weite. Die fließenden Keyboard-Klänge führen deutlich über den auf dem traumhaften CD-Cover zu sehenden Wolkenteppich hinaus, tief hinein ins Himmelgewölbe. Vom irdischen Urwald geht es ins All. Gleich vier weitere Songs spielen allein vom Titel her (beispielsweise „Strange Planet“) in der Unendlichkeit des Universums.
„Alien breathing“ heißt der Album-Opener. Die Musik klingt jung und frisch. Der Track könnte auf einer After-Show-Party einer Techno-Sause laufen und dort gefeiert werden. Pöngse erfindet sich neu und zollt zugleich Jean Michel Jarre Tribut. Und Tangerine Dreams „Mädchen auf der Treppe“ – 1982 Titellied eines Schimanski-Tatorts – tanzt jetzt durch die Milchstraße. Ebenfalls im Tatort gut aufgehoben wäre Cinemas neues Stück „Waiting for the Rain“. Es könnte laufen, während etwa die Vorbereitungen für einen Bankraub im Zeitraffer gezeigt werden – schließlich weiß jeder: Spannung im Fernseh- oder Kino-Streifen erzeugt nicht zuletzt der Soundtrack. Und der Name von Pöngses Einmann-Projekt legt offen, dass er genau das will: Filme im Kopf des Zuhörers erschaffen.
Zehn Songs mit einer Laufzeit von 46,5 Minuten bietet das Instrumental-Album „Loopings“. Aber es ist kein monothematisches Weltall-Werk geworden. Titel Nummer vier („Rushhour“) beispielsweise hat vom Lied-Namen her beide Füße fest auf dem (Fahrzeug-)Boden. Die neue Cinema-Veröffentlichung macht Lust aufs Bewegen – und wenn es nur der kleine Finger ist.
Die Elektronik der 70er- und 80er-Jahre ist aktuell in der Szene hoch im Kurs und in den Charts, etwa mit dem kanadischen Musiker Caribou. Das war vor zwei Jahren, als „The Magix box“ erschien, noch ganz anders. Wenn Cinema unter all den derzeit gefeierten Interpreten auffällt, so doch nur positiv. Bei „Dreaming in the Dawn“ steht dann das „Kraftwerk“ kurz einmal still. Saiten-Virtuose Benny Peiser –wie schon beim Vorgänger-Album Gastmusiker auf „Loopings“ – trumpft hier auf. Auch ein Welt(-raum-)reisender braucht schließlich einmal einen Moment Ruhe.
Doch die anfängliche Bedrohung kehrt in „Wolves in Winterland“ zurück: Das Stück lässt Erinnerungen an Nastassja Kinski im Kino-Erfolg „Katzenmenschen“ (1982) und an den Horror-Klassiker „American Werewolf“ (1981) aufleben. Für den Remix dieses Tracks wünscht sich der Hörer einen Background-Chor, möglicherweise im Stile gregorianischer Gesänge. Das Abschluss-Lied „Cries From Outer Space“ beendet der wunderbare Benny Peiser mit einem weiteren schönen Solo. Das klingt fast schon rockig.
„The Magix box“ wurde auch in Japan zum Erfolg. „Loopings“ könnte das noch toppen. Der Titel der neuen Veröffentlichung verrät die momentane Arbeitsweise von Pöngse: Mit Loops (zu deutsch: Soundschleifen) an seinem elektronischen Instrumentarium hat er die Songs erbaut. Unterstützung erhielt er wieder von seiner Lebensgefährtin Brigitte Grafe am Mischpult. Sie ist auch für das Artwork des CD-Booklets verantwortlich. Bei einem Stück assistiert dem Werdohler Soundmagier sein ehemaliger Mitstreiter aus der gemeinsam Krautrock-Band Tibet am Keyboard Dieter Kumpakischis. Abgemischt hat das Album Eroc, der selbst mit „Wolkenreise“ (1978) einen Riesenhit landete. Der Song war 1980 21 Wochen in den deutschen Charts und erklomm Platz 32. - Von Michael Koll
Von „The Magix box“ gibt es im Internethandel aktuell noch drei Exemplare und Downloads aller Songs. Das neue Cinema-Album „Loopings“ ist in der Musikkneipe Alt Werdohl direkt bei Pöngse erhältlich.